Neuer Gefahrtarif der BGW 2025 – Pandemiefolgen schlagen auf Beiträge durch

Zum 1. Jan­u­ar 2025 tritt der neue Gefahrtarif der Beruf­sgenossen­schaft für Gesund­heits­di­enst und Wohlfahrt­spflege (BGW) in Kraft. Er basiert auf den Beobach­tungs­jahren 2017 – 2022. Damit sind erst­mals die Covid-19-Pan­demie und ihre mas­siv­en Fol­gen für den Gesund­heits­di­enst in die Gefahrk­lassen­berech­nung eingeflossen.

Die Auswirkun­gen sind gravierend: Viele Betriebe sehen sich mit ein­er deut­lichen Verän­derung der Gefahrk­lassen kon­fron­tiert – manche prof­i­tieren, andere wiederum müssen sich auf dauer­hafte Mehrbe­las­tun­gen ein­stellen.

Heikle Punkte im neuen BGW-Gefahrtarif für Unternehmen

1. Pandemiebedingte Belastungen

Mit der Anerken­nung von Covid-19 als Beruf­skrankheit (BK-Nr. 3101) hat die BGW erhe­bliche Entschädi­gungslas­ten getra­gen. Diese wirken sich im Zuge des neuen Gefahrtar­ifs nun erst­mals direkt auf die Gefahrk­lassen und damit auf die Beitrags­berech­nung aus.
Die Auf­nahme der Jahre 2020–2022 führt zu ein­er Verz­er­rung der Sta­tis­tik: weniger Arbeit­sun­fälle durch Lock­downs, gle­ichzeit­ig stark erhöhte Fal­lzahlen bei Beruf­skrankheit­en durch Covid-19. Diese Gegen­läu­figkeit führt zu sehr unter­schiedlichen Belas­tun­gen der Unternehmen.

  • Beson­ders betrof­fen sind: Kranken­häuser, Pflege­heime, Arzt­prax­en – über­all dort, wo Beschäftigte während der Pan­demie einem über­durch­schnit­tlich hohen Infek­tion­srisiko aus­ge­set­zt waren, steigen die Gefahrk­lassen nun im neuen Gefahrtarif.

2. Zeitliche verzögerte Wirkung bei den neuen Beiträgen

Der neue Tarif gilt ab dem 01. Jan­u­ar 2025, wirkt sich aber erst ab April 2026 in den Beitrags­beschei­den aus, die dann die Beiträge für 2025 enthal­ten. Die Ver­an­la­gungs­beschei­de wur­den hinge­gen bere­its Ende Okto­ber 2024 ver­schickt.

  • Für Unternehmen beste­ht also nur jet­zt die Möglichkeit, falsche Ein­stu­fun­gen durch Wider­spruch zu korrigieren.

3. Dokumentations- und Abgrenzungsrisiken

Die BGW legt immer mehr Wert auf eine saubere Tätigkeitsab­gren­zung. Mis­ch­be­triebe (z.B. Pflegeein­rich­tun­gen mit Ver­wal­tung, Ther­a­pie, Küche) müssen genau doku­men­tieren, wie die Arbeit­szeit verteilt ist.

  • Fehlt diese Doku­men­ta­tion, beste­ht das Risiko, in die höhere Gefahrk­lasse des riskan­testen Bere­ichs ein­grup­piert zu werden.

4. Langfristige Unsicherheit

Der neue Gefahrtarif gilt nun zwar bis Ende 2029. Die BGW kann diesen jedoch anpassen, wenn die Unfall- und Krankheit­slas­ten sich verän­dern. Im Falle möglich­er neuer Pan­demiewellen oder ander­er Beruf­skrankheit­en ist also mit weit­eren Tar­ifko­r­rek­turen zu rechnen.

Rechtliche Zulässigkeit und Handlungsmöglichkeiten

Gefahrtar­ife selb­st lassen sich rechtlich nur schw­er angreifen (BSG v. 21.03.2006 — B 2 U 2/05 R). Das bedeutet jedoch nicht, dass jede Ver­an­la­gungsän­derung hin­genom­men wer­den muss. Entschei­dend ist, dass die für die jew­eilige Tar­if­stelle maßge­blichen Merk­male im Unternehmen tat­säch­lich vor­liegen. Die BGW ori­en­tiert sich dabei häu­fig an inter­nen oder exter­nen Zuord­nungsan­leitun­gen, die jedoch keine rechtliche Bindungswirkung ent­fal­ten (BSG v. 31.03.1981 — 2 RU 101/79). Maßge­blich sind allein die Regelun­gen des Gefahrtar­ifs selb­st, die eigen­ständig auszule­gen sind.

Was tun bei fehlerhafter Veranlagung?

In vie­len Fällen ist ein Vorge­hen gegen eine fehler­hafte Ver­an­la­gung möglich. Zwar hängt der Erfolg stets vom konkreten Einzelfall ab, jedoch kon­nten in ver­gle­ich­baren Fällen bere­its erfol­gre­ich Kor­rek­turen zugun­sten der Unternehmen erre­icht werden.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für anwaltliche Unterstützung?

  • So früh wie möglich: Je früher eine rechtliche Prü­fung erfol­gt, desto größer sind die Ein­flussmöglichkeit­en auf die Entschei­dung der BGW. Frühzeit­ige Ein­wen­dun­gen kön­nen zudem sofort zu reduzierten Beitrags­beschei­den und ein­er Ent­las­tung der Liq­uid­ität führen.
  • Es ist nie zu spät: Auch nach Erlass eines Beschei­des oder Wider­spruchs­beschei­des kann noch rechtlich vorge­gan­gen wer­den. Selb­st bestand­skräftige Beschei­de lassen sich über einen Über­prü­fungsantrag nach § 44 SGB X korrigieren.

Erster Schritt: Prüfung der Veranlagung

Am Beginn ste­ht stets eine umfassende Prü­fung des Sachver­halts. Die Kosten hier­für ste­hen regelmäßig in einem guten Ver­hält­nis zu den möglichen Beitrag­seinsparun­gen. Auf dieser Grund­lage kann fundiert entsch­ieden wer­den, ob ein weit­eres Vorge­hen – etwa durch Wider­spruch oder Klage – wirtschaftlich sin­nvoll ist.

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Fazit zum neuen Gefahrtarif der BGW

Der neue BGW-Gefahrtarif 2025 ist lei­der keine bloße Rou­tinean­pas­sung, son­dern klar geprägt durch die Fol­gen der Pan­demie. Für viele Betriebe bedeutet das eine dauer­hafte Mehrbe­las­tung. Wer seine Ver­an­la­gung ungeprüft hin­nimmt, riskiert, über Jahre hin­weg zu hohe Beiträge zu zahlen.

Unsere Empfehlung: Lassen Sie Ihren Bescheid jet­zt prüfen und sich­ern Sie sich die Möglichkeit, fehler­hafte Ein­stu­fun­gen zu kor­rigieren, bevor sie wirk­sam werden. 

Im Detail: Was hat sich konkret verändert?

Für stark vom Pan­demiegeschehen betrof­fene Branchen steigt nun die Gefahrk­lasse. Ins­beson­dere Kranken­häuser und Kliniken (Gefahrtar­if­stelle 1) haben einen Anstieg von 2,75 auf 3,21 zu verze­ich­nen – eine Steigerung um rund 16 Prozent. Auch für Apotheken (Tar­if­stelle 4), Pflege­heime (Tar­if­stelle 11) und Kindertage­sein­rich­tun­gen (Tar­if­stelle 12) steigen die Gefahrenklassen.

Immer­hin fall­en jedoch auch einige der Gefahrk­lassen. So kön­nen sich beispiel­sweise Unternehmen der Vet­er­inärmedi­zin (Gefahrtar­if­stelle 5) erneut über eine deut­liche Senkung der Gefahrk­lasse von 8,98 (2019) auf 7,23 (2025) freuen. Gle­ich­es gilt für Physio- und Ergother­a­pieprax­en (Tar­if­stelle 7).

Dieser neue Gefahrtarif der BGW ab 2025 sieht schließlich einige, zum Großteil lediglich leichte, Änderun­gen in For­mulierung und Wort­laut vor. Außer­dem hat die BGW die Zuord­nun­gen von Gewer­bezweigen zu den Gefahrtar­if­stellen über­prüft und vere­inzelt geändert.

Den neuen Gefahrtarif find­en Sie: hier.