Neuer Gefahrtarif 2025 der BGHM – Modernisierung oder versteckter Beitragsdruck?
Zum 1. Januar 2025 tritt bei der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) ein neuer Gefahrtarif in Kraft — turnusgerecht alle sechs Jahre beschlossen und vom Bundesamt für Soziale Sicherung genehmigt. Die Änderungen auf den ersten Blick recht überschaubar — doch bei genauer Analyse zeigen sich durchaus brisante Entwicklungen.
Die zentralen Brennpunkte im neuen Gefahrtarif
1. Neue Tarifstelle 10 – mit stufenweiser Beitragssteigerung
Ein neuer Gewerbezweig („Serienherstellung von Möbeln, Parkett, Fenstern etc.“) erhält eine eigene Tarifstelle 10, getrennt vom KfZ-Bereich, mit dem der Gewerbezweig zuvor veranlagt war. Dabei wird die Gefahrklasse gestuft erhöht:
- 2025: 2,61
- 2027: 2,95
- 2029: 3,28
Das bedeutet für einige Betriebe ansteigende Belastung über mehrere Jahre hinweg.
2. Gefahrklassen auch in weiteren Bereichen erhöht
Auch in den Tarifstellen 01 (Holzprodukte) und 09 (Schreinerei/Tischlerei) gibt es stufenweise Anhebungen der Gefahrklassen bis 2029. Insgesamt führen 6 Anhebungen und 4 moderate Senkungen zu mehrheitlichen Beitragserhöhungen.
3. Verlagertes Risiko durch Tarifstellenwechsel
Die Herstellung oder Instandhaltung von See- und Binnenschiffen wurde in eine günstigere Tarifstelle verlagert. Bei anderen Gewerbezweigen hingegen entfällt die frühere Differenzierung (z. B. Markisen, Jalousien — Innen vs. Außen) durch Zusammenlegung. Das ist zwar eine grundsätzlich begrüßenswerte Vereinfachung, zugleich aber auch eine potenzielle Kostenverschiebung.
4. Erst im Jahr 2026 wirkt sich alles aus
Obwohl der Tarif ab 2025 gilt, wird er in vielen Fällen erst 2026 beitragswirksam — bei mehrheitlich höheren Beiträgen. Veranlagungsbescheide wurden bereits im Oktober 2024 versandt — also Zeit zum Handeln!
5. Berechnungsgrundlage: Daten aus 2019 – 2022
Der Tarif basiert auf Entgeltdaten und Entschädigungsleistungen aus den Jahren 2019 – 2022. Rückgang von Unfällen oder Schwankungen in diesem Zeitraum können die Gefahrklassen verzerren — insbesondere, wenn das Unfallgeschehen nach pandemiebedingten Produktionseinschränkungen wieder ansteigt.
Rechtliche Zulässigkeit der Änderungen
Gefahrtarife selbst lassen sich rechtlich nur schwer angreifen (BSG v. 21.03.2006 — B 2 U 2/05 R). Das bedeutet jedoch nicht, dass Unternehmen jede Änderung der Veranlagung akzeptieren müssen. Entscheidend ist, dass die für die jeweilige Tarifstelle festgelegten Merkmale im Betrieb tatsächlich erfüllt werden. Die Berufsgenossenschaft stützt sich hierfür häufig auf interne oder externe Zuordnungsanleitungen, die jedoch keine rechtliche Bindungswirkung besitzen (BSG v. 31.03.1981 — 2 RU 101/79). Maßgeblich sind allein die Bestimmungen des Gefahrtarifs, die selbstständig auszulegen sind.
Vorgehen gegen eine Veranlagung
In vielen Fällen ist es möglich, gegen eine Veranlagung vorzugehen. Der Erfolg hängt immer vom Einzelfall ab, aber bereits mehrfach konnten Korrekturen der Veranlagung zugunsten unserer Mandanten durchgesetzt werden.
Richtiger Zeitpunkt für anwaltliche Unterstützung
- So früh wie möglich: Eine frühzeitige Hinzuziehung fachkundiger Anwälte ermöglicht es, Argumente einzubringen und die Entscheidung der Berufsgenossenschaft aktiv zu beeinflussen. Dies kann unmittelbar zu Beitragsreduzierungen führen und die Liquidität des Unternehmens entlasten.
- Es ist nie zu spät: Auch nach Erlass eines Beitragsbescheids oder Widerspruchsbescheids können noch Rechtsmittel eingelegt werden. Selbst bestandskräftige Bescheide können über einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X korrigiert werden.
Prüfung als erster Schritt
Am Anfang sollte stets eine gründliche Überprüfung des Sachverhalts stehen. Die Kosten hierfür stehen in der Regel in einem guten Verhältnis zu den möglichen Beitragseinsparungen. Auf dieser Grundlage lässt sich dann eine fundierte Entscheidung treffen, ob und in welchem Umfang ein Vorgehen gegen die Veranlagung sinnvoll ist.
Handlungsempfehlungen für betroffene Unternehmen
- Veranlagungsbescheid prüfen: Besonders bei neuen Tarifstellen (z. B. Möbelproduktion) und gestuften Erhöhungen.
- Tätigkeiten klar dokumentieren: Vermeiden Sie Falschzuordnungen, z. B. bei Mischbetrieben oder Schiffsbau.
- Widerspruch nicht vergessen: Nur innerhalb der kurzen Widerspruchsfrist möglich!
- Langfristig kalkulieren: Stufenweise Gefahrklassen erfordern vorausschauende Planung beim Betriebsbudget.
Fazit zum neuen Gefahrtarif der BGHM
Die Reform des Gefahrtarifs 2025 bei der BGHM ist mehr als ein Pflichtupdate. Sie bedeutet für viele Unternehmen gestiegene Beitragslasten — langfristig und teilweise unbemerkt. Neue Tarifstellen und stufenweise Anhebungen bedeuten, dass die Belastung sukzessive steigt — ein Szenario, durch das späte Reaktionen das Budget belasten werden.
Unsere Empfehlung: Lassen Sie Ihren Bescheid umgehend rechtlich überprüfen – bevor Sie stillschweigend zu viel zahlen!
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Die Anpassungen des neuen Gefahrtarifs im Detail
Die Serienherstellung von Möbeln, Ladeneinrichtungen, Fenstern, Parkett, Furnierholz etc. erhält eine eigene Gefahrtarifstelle 10. Zuvor war dieser Gewerbezweig zusammen mit Instandhaltungsunternehmen im KfZ-Bereich in der Gefahrtarifstelle 08 veranlagt. Für beide Gefahrtarifstellen steigen zudem die Gefahrklassen. Für die neue Tarifstelle 10 findet diese Anpassung gestaffelt statt. Ab 2025 wird die Gefahrklasse zunächst auf 2,61 festgesetzt, steigt ab 2027 auf 2,95 und liegt ab 2029 bei 3,28.
Auch für die Gefahrtarifstellen 01 (Herstellung von Konstruktionsvollholz, Schicht- und Leimholz, verschiedenen weiteren Holzprodukten sowie die Holzernte) und die Tarifstelle 09 (Schreinerei / Tischlerei) ist eine gestaffelte Anhebung der Gefahrklassen bis 2029 vorgesehen.
Weitere Neuveranlagungen und Gefahrklassenanpassungen
Neben einer Reihe von Präzisierungen und Überarbeitungen des Wortlauts innerhalb von Gefahrklassen ohne wesentliche inhaltliche Veränderungen gibt es noch zwei weitere Neuveranlagungen zu verzeichnen. Die Herstellung / Instandhaltung von See- und Binnenschiffen ist aus der Gefahrtarifstelle 06 in die 07 gewechselt und darf sich über eine daraus resultierende Senkung der Gefahrklasse freuen. Bei der Herstellung von Markisen, Jalousien, Rollos und Rollläden wird nicht mehr nach Innen- und Außenbereich differenziert. Somit findet sich dieser Gewerbezweig nun vereint in der Tarifstelle 02.
Insgesamt gibt es im Gefahrtarif der BGHM ab 2025 mit 6 Anhebungen und 4 Absenkungen der Gefahrklassen mehr Beitragserhöhungen für die Betriebe der BGHM. Während die Reduktionen der Gefahrklassen eher maßvoll ausfallen, sind die Steigerungen zum Teil etwas kräftiger. In den Tarifstellen, in denen die Anhebung der Gefahrklassen besonders stark ausfallen, wird diese zur Abmilderung der Erhöhung gestaffelt vollzogen. Das betrifft die bereits genannten Gefahrtarifstellen 01, 09 und 10.
Den neuen Gefahrtarif finden Sie: hier.

