BGN veröffentlicht neuen Gefahrtarif für 2025 — Was betroffene Unternehmen wissen müssen
Die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) hat einen neuen Gefahrtarif mit Wirkung ab dem 01.01.2025 beschlossen. Damit ersetzt der Gefahratarif die bisherige Fassung aus dem Jahr 2019, die turnusgemäßg zum Jahresende 2024 ausgelaufen ist. Für Unternehmen im betroffenen Sektor bedeutet dies nicht nur eine Aktualisierung der Beitragsberechnung, sondern teilweise erhebliche Änderungen bei der Gefährdungseinstufung ihrer Beschäftigten — mit unmittelbaren finanziellen und organisatorischen Konsequenzen.
Brennpunkt 1: Mobiles Arbeiten erstmals berücksichtigt
Besondere Aufmerksamkeit verdient die Änderung in Teil II Nr. 5 des neuen Gefahrtarifs: Beschäftigte, die ausschließlich interne Verwaltungsaufgaben übernehmen, werden nun auch dann der Gefahrtarifstelle 01 zugeordnet, wenn sie mobil arbeiten — also inbesondere im Home-Office.
Kritische Punkte und mögliche Folgen:
- Die Einbeziehung von Home-Office-Arbeitsplätzen könnte in Einzelfällen die Veranlagung verändern.
- Unternehmen müssen prüfen, ob ihre bisherigen Arbeitszeit- und Einsatzmodelle korrekt abgebildet werden. Eine falsche Veranlagung kann Nachzahlungen oder Rückforderungen auslösen.
- Außerdem ist unter Umständen eine Anpassung interner Prozesse sowie die präzise Dokumentation von Home-Office-Arbeitsplätzen erforderlich.
- Fraglich bleibt, ob die BGN diese Ausweitung auf mobiles Arbeiten rechtlich einwandfrei vorgenommen hat. Insbesondere stellt sich die Frage, ob die Gefährdung von Home-Office-Arbeitsplätzen mit dem klassischem Büroarbeitsplatz objektiv vergleichbar ist.
Rechtliche Zulässigkeit dieser Änderung:
Gefahrtarife selbst lassen sich rechtlich kaum angreifen (BSG v. 21.03.2006 — B 2 U 2/05 R). Allerdings müssen die Merkmale, die einer Tarifstelle zugrunde liegen, in der Praxis tatsächlich erfüllt sein. Interne oder externe Zuordnungsanleitungen der Berufgenossenschaft sind rechtlich nicht bindend (BSG v. 31.03.1981 — 2 RU 101/79). Maßgeblich sind allein die Regelungen des Gefahrtarifs. Es muss also nicht jede Veranlagungsänderung hingenommen werden, sondern oft ist ein rechtliches Vorgehen gegen eine Neuveranlagung möglich.
Brennpunkt 2: Zusammenlegung und Neuzordnung von Gewerbegruppen
Die Anzahl der Tarifstellen sinkt in dem neuen Gefahrtarif der BGN von 14 auf 12. Gewerbegruppen mit ähnlicher Belastung wurden zusammengefasst, etwa die Bearbeitung von Geflügel in die Gruppe Be- und Verarbeitung von Fleisch- und Wurstwaren (Tarifstelle 09).
Mögliche Folgen:
- Die Beitragsbelastung für Unternehmen kann sich durch die „Durchschnittsbewertung“ von Gewerbegruppen ändern, die in einer Tarifstelle zusammengefasst wurden.
- Unternehmen sind dem Risiko ausgesetzt, dass die tatsächliche Gefährdung einzelner Betriebe nicht korrekt abgebildet wird.
Rechtliche Bewertung und Handlungsoptionen:
- Unternehmen können gegen eine Neuveranlagung vorgehen, wenn die tarifliche Zuordnung nicht zutreffend ist.
- Der Erfolg hängt vom Einzelfall ab, in vergleichbaren Fällen konnten aber bereits Korrekturen durchgesetzt werden.
Brennpunkt 3: Anpassung der Gefahrklassen
Fast alle Gefahrklassen wurden geändert, zum Beispiel:
- Tarifstelle 08 (Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe): Senkung von 3,33 auf 2,94.
- Tarifstellen 12 (Schausteller): Anstieg von 18,15 auf 22,95.
Konkrete Folgen für Unternehmen:
- Potenziell niedrigere Beiträge sorgen für Entlastungen.
- Allerdings gibt es auch deutliche Mehrbelastung für Betriebe in erhöhten Gefahrklassen – hier ist eine sofortige Anpassung der Budgetplanung erforderlich.
Rechtliche Bewertung:
- Die BGN muss die tatsächliche Gefährdung im Betrieb korrekt berücksichtigen.
- Unternehmen haben die Möglichkeit, bei unzutreffender Einstufung Widerspruch einzulegen oder eine Klärung durch einen Anwalt zu veranlassen.
Wann ist der richtige Zeitpunkt für anwaltliche Unterstützung?
1. So früh wie möglich
Anwaltliche Unterstützung sollte so früh wie möglich beansprucht werden. Denn je früher die Argumente vorgebracht werden, desto größer ist die Chance, die Veranlagungsentscheidung positiv zu beeinflussen. Frühzeitige Entscheidungen können sofort zu niedrigeren Beiträgen und besserer Liquidität führen — ohne das ein kostspieliges Gerichtsverfahren erforderlich wird.
2. Es ist nie zu spät
Es ist nie zu spät für anwaltliche Unterstützung: Auch nach Erlass eines Bescheides oder Widerspruchsbescheides können Unternehmen noch Rechtsmittel einlegen. (Achtung: kurze Widerspruchsfristen dürfen aber nicht versäumt werden, sonst tritt Bestandskraft ein und der Bescheid wird unanfechtbar!) Das SGB X ermöglicht in § 44 einen Überprüfungsantrag, um auch bestandskräftige Bescheide noch korrigieren zu lassen, wenn sie rechtswidrig sind.
Fazit und Handlungsempfehlungen
Der neue Gefahrtarif der BGN ab 2025 bringt weitreichende Änderungen. Unternehmen sollten daher:
- 1. Die eigene Gefährdungseinstufung prüfen – insbesondere für Home-Office und zusammengefasste Gewerbegruppen.
- 2. Beitragsauswirkungen kalkulieren – steigende Gefahrklassen können erhebliche finanzielle Folgen haben.
- 3. Rechtliche Möglichkeiten prüfen – Widerspruch, Klage oder Überprüfungsantrag können zu einer Korrektur führen.
- 4. Frühzeitig handeln – je früher Sie prüfen und reagieren, desto größer ist die Chance auf niedrigere Beiträge.
Unsere Kanzlei unterstützt Sie bei:
- Prüfung von Beitragsbescheiden
- Einlegung von Widerspruch und Klage
- Beratung zur optimalen Zuordnung bzw. Veranlagung
Eine gründliche Überprüfung lohnt sich in der Regel: Die Kosten stehen meist in einem guten Verhältnis zu möglichen Einsparungen bei den Beiträgen.
Die Änderungen im Detail:
Dabei wurde Teil II Nr. 5 des Gefahrtarifs im neuen Gefahrtarif dahingehend ergänzt, dass bei der Veranlagung von Beschäftigten, die ausschließlich Aufgaben der internen Verwaltung ausführen („Bürobereich“), nun auch mobiles Arbeiten (also insbesondere Home-Office) in der entsprechenden Gefahrtarifstelle 01 veranlagt wird.
Außerdem wurden einige Gewerbegruppen neu veranlagt sowie Gewerbegruppen mit ähnlicher Belastung zu gemeinsamen Gefahrtarifstellen zusammengefasst. So geht die Gewerbegruppe Bearbeitung von Geflügel in der Gewerbegruppe Be- und Verarbeitung von Fleisch- und Wurstwaren (Gewerbegruppe 95, Gefahrtarifstelle 09) auf. Die fortschreiende Technisierung mache eine Unterscheidung nicht mehr sinnvoll, so die BGN. Insgesamt kommt der neue Gefahrtarif durch verschiedene Zusammenfassungen auf lediglich 12 statt ehemals 14 Tarifstellen.
Weiterhin wurden im Gefahrtarif der BGN ab 2025 fast alle Gefahrklassen angepasst. Für das Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe aus der Tarifstelle 08 sinkt etwa die Gefahrklasse von 3,33 (2019) auf 2,94 (2025). Auch insgesamt lassen sich einige Absenkungen der Gefahrklassen feststellen. Insbesondere die Tarifstellen 10–12 sehen sich jedoch mit teils kräftigen Anstiegen der Gefahrenklassen konfrontiert. Bei den Schaustellern (Tarifstelle 12) steigt die Gefahrklasse beispielsweise von 18,15 (2019) auf 22,95 (2025).
Den neuen Gefahrtarif finden Sie: hier.

