BG Beitragssenkung/ Beitragsvermeidung
Angesichts sehr hoher Beiträge zu den Berufsgenossenschaften gerade im gewerblichen Bereich wird sehr häufig die Frage nach der Möglichkeit zu Beitragssenkung oder ‑vermeidung gestellt.
Natürlich gibt es Möglichkeiten, mit denen sich Beiträge dauerhaft senken lassen, wenngleich es sich hierbei um sehr langwierige Prozesse handelt.
Denn Gefahrtarife legen die Zugehörigkeit zu Gefahrtarifstellen sowie die jeweilige Gefahrklasse verbindlich fest, sodass sich daran zunächst nichts ändern lässt.
Zuordnung des Personals zu unterschiedlichen Gefahrtarifstellen
Sofern ein Unternehmen in verschiedene Gefahrtarifstellen veranlagt ist, erfolgt die Zuordnung bestimmter Personengruppen in die jeweiligen Gefahrtarifstellen natürlich zunächst nach der Einschätzung des Unternehmers. Dabei gibt es erhebliche Spielräume, die in der Praxis auch gut genutzt werden. Standardfälle sind die unterschiedliche Schlüsselung in die Gefahrtarifstelle 11.1 und 11.2 bei der VBG in der Arbeitnehmerüberlassung, wobei die Beitragsbelastung für die Gefahrtarifstelle 11.1 („Beschäftigte in Dienstleistungsbereichen sowie Stammpersonal“) mit GK 0,70 etwa um den Faktor 9 geringer ist als in der Gefahrtarifstelle 11.2 („Beschäftigte in allen anderen Bereichen“, GK 0,70).
Hier sind in der Vergangenheit bereits nicht wenige Unternehmer auf die Idee gekommen, es mit der Zuordnung nicht so genau zu nehmen und deshalb vordergründig zunächst reichlich Beiträge zu sparen.
Vor einem solchen Vorgehen sei allerdings ausdrücklich gewarnt! Die Zuordnung zu den jeweiligen Gefahrtarifstellen in der Arbeitnehmerüberlassung ist entsprechend dem Berufsgruppenschlüssel der Bundesagentur für Arbeit genau festgelegt und lässt sich nicht einfach ändern. Hohe Nachzahlungen bei Prüfungen sind oft die Folge, wobei Säumniszuschläge in Höhe von 1% für jeden angefangenen Monat der Säumnis hinzukommen (§ 24 SGB IV), die dieses Vorgehen insgesamt nicht besonders attraktiv machen.
Nicht anders ist in dem Gefahrtarif der BG Bau. Hier ist es die Regel, das Unternehmen in verschiedenen Bereichen tätig sind, die grundsätzlich zu einer Veranlagung in unterschiedliche Gefahrtarifstellen mit jeweils unterschiedlichen Gefahrklassen führen. Schnell gibt es hier eine Unzahl von Bauleitern, die alle der Gefahrtarifstelle 900 „Büroteil des Unternehmens“ mit GK 0,47) statt zum Beispiel die Gefahrtarifstelle 100 („Bauwerksbau“, GK 12,58) veranlagt werden. Oder Mitarbeiter, die in allen Bereichen tätig sind, werden ebenfalls den Bauwerksbau zugeordnet, obwohl der Gefahrtarif eindeutig sagt, dass bei Mischtätigkeiten stets die höchste Gefahrklasse zu wählen ist, hier also die GT-Stelle 500 (Abbruch und Entsorgung mit 17,96)
während unter Büroteil allerdings nur Beschäftigte fallen, die ausschließlich Büroarbeiten ausüben, werden Mischtätigkeiten stets der höchsten Gefahrklasse zugeordnet. Der Vorteil einer zu niedrigen Veranlagung ist in beiden Fällen also von kurzer Dauer, hohe Nachzahlungen sind die Folge.
Antrag auf Wechsel der Gefahrtarifstelle
Wird das Unternehmen tatsächlich in eine unrichtige Gefahrtarifstelle veranlagt, kann natürlich eine entsprechende Korrektur beantragt werden. Wenn an der Argumentation etwas dran ist, lässt sich das Ziel auch oft erreichen. Hier zeigt die praktische Erfahrung, dass Berufsgenossenschaften es oft nicht auf einen Konflikt ankommen lassen wollen und auch zu vergleichsweisen Lösungen bereit sind.
Antrag auf Wechsel der Berufsgenossenschaft
Die größten Erfolge lassen sich oft allerdings durch einen Wechsel der Berufsgenossenschaft erzielen. Häufig ist die Zuordnung einzelner Unternehmen zu verschiedenen Berufsgenossenschaften möglich. Beispiele:
- Ein IT-Unternehmen, welches sowohl der VBG als auch der BGHM zugehörig sein könnte
- Ein Lieferservice für Lebensmittel und in Restaurants zubereitetes Essen, welcher nach den jeweiligen Satzungen Mitglied in der VBG, der BG Verkehr oder in der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe sein könnte.
- Ein Produktionsunternehmen, welches zugleich Arbeitnehmer überlässt, könnte Mitglied in der VBG und in der für die produzierten Produkte zuständigen Berufsgenossenschaft sein
Je nach gewählter Mitgliedschaft können sich die Höhe der Beiträge erheblich unterscheiden!
Hier gilt allerdings, dass der Wechsel der Berufsgenossenschaft in der Praxis extrem schwierig ist, denn ein Wechsel ist nur möglich, wenn sich der Geschäftszweck vollständig dahingehend geändert hat, dass eine Mitgliedschaft in der bisherigen Berufsgenossenschaft unter keinen Umständen mehr infrage kommt („Grundsatz der Katasterstabilität“). Zudem kämpfen Berufsgenossenschaften und ihre bisherigen Mitglieder lassen diese ungern ziehen. Diesen Wechsel muss man Regelfall daher gerichtlich durchsetzen. Praktisch bleibt man also in der Berufsgenossenschaft hängen, in der man zufälligerweise zuerst gelandet ist.
Einfacher ist es in solchen Fällen, ein Unternehmen neu zu gründen und in einer anderen Berufsgenossenschaft zu veranlagen. Vorsicht jedoch auch hier, eine Zugehörigkeit kann dennoch nach den Grundsätzen der Unternehmensnachfolge in der bisherigen Berufsgenossenschaft verbleiben.