Bußgeld der Berufsgenossenschaft: Was Unternehmen wissen müssen
Um Verstöße von Mitgliedsunternehmen gegen ihre gesetzlichen Pflichten im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz zu ahnden, sind die Berufsgenossenschaften (BG) unter anderem zur Verhängung von Bußgeldern berechtigt. Auch bei Verstößen von Mitgliedsunternehmen gegen ihre Pflichten gegenüber der jeweiligen Berufsgenossenschaft kann ein Bußgeld verhängt werden.
Ein Beispiel:
Die Berufsgenossenschaft stattet einem Betrieb einen unangekündigten Besuch für eine routinemäßige Arbeitssicherheitsprüfung ab. Der Unternehmer, wenig erfreut über diesen Überraschungsbesuch, verweigert dem Prüfteam der Berufsgenossenschaften zunächst den Zugang zum Betrieb. Damit missachtet er das Sonderzugangsrecht der Prüferinnen und Prüfer gem. § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Erst nachdem ihm ausdrücklich ein entsprechendes Bußgeld von bis zu 10.000 € gem. § 209 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB VII angedroht wurde, gewährt er dem Prüfteam Zutritt zum Betrieb.
Gesetzliche Grundlagen der Verhängung von Bußgeld durch die Berufsgenossenschaft
Für die Verhängung von Bußgeld durch die Berufsgenossenschaft gibt es verschiedene gesetzliche Grundlagen. Wer vorsätzlich oder fahrlässig,
- eine vollziehbare Anordnung einer technischen Aufsichtsperson der Berufsgenossenschaften missachtet,
- gegen eine in § 32 DGUV Vorschrift 1 vorgesehene Bestimmung verstößt,
- die unternehmerische Aufsichtspflicht gem. § 130 Ordnungswidrigkeitsgesetz (OWiG) verletzt oder
- gegen eine in § 209 SGB VII genannte Bestimmung verstößt,
kann von den Berufsgenossenschaften ein Bußgeld auferlegt bekommen. Gerade § 209 SGB VII ist häufig Grundlage eines Bußgeldbescheides, da hier diejenigen Vorschriften des SGB VII aufgelistet sind, welche mit einem Bußgeld bewehrt sind. Zudem ist das SGB VII die allgemeine Rechtsgrundlage für die gesetzliche Unfallversicherung in Deutschland.
Was sind „vollziehbare Anordnungen einer technischen Aufsichtsperson“?
Vollziehbare Anordnungen werden von den Aufsichtspersonen (sog. technische Aufsichtsbeamte) der Berufsgenossenschaften erteilt. Gesetzliche Grundlage der Aufsichtspersonen ist § 18 SGB VII. Dabei handelt es sich um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Berufsgenossenschaften im Außendienst, in deren Aufgabenbereich etwa die Betriebsbegehung und Unfalluntersuchungen, die Überwachung der Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften sowie die Beratung der Mitgliedsunternehmen fällt. Die Aufsichtspersonen sind also die Prüferinnen und Prüfer der Berufsgenossenschaften.
Diese sind gem. § 19 Abs. 1 SGB VII mit einer entsprechenden Vollmacht zum Erlass sofort vollziehbarer Anordnungen ausgestattet. So können die Aufsichtspersonen beispielsweise Maßnahmen zur Abwendung besonderer Unfall- und Gesundheitsgefahren anordnen. Leistet das Unternehmen diesen Anordnungen nicht Folge, kann es gem. § 209 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VII von der Berufsgenossenschaft mit einem Bußgeld belegt werden.
Mögliche bußgeldpflichtige Personen
Das Bußgeld wird dabei in der Regel gegen die Unternehmerin oder den Unternehmer bzw. gegen die Unternehmensleitung verhängt. Im Falle einer juristischen Person kann das Bußgeld auch dementsprechend die in § 9 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 OWiG genannten Vertretungs- und Leitungspersonen des Unternehmens treffen. Der Bußgeldbescheid kann sich aber auch gegen die von der Unternehmensleitung nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 OWiG ausdrücklich Beauftragten im Rahmen der ihnen übertragenen Pflichten richten.
Schließlich können auch die Versicherten selbst Adressaten eines Bußgeldbescheides werden. Das ist der Fall, wenn Beschäftigte gegen bußgeldbewehrte Unfallverhütungsvorschriften verstoßen, welche an die Beschäftigten gerichtet sind. Ein Beispiel sind Unfallverhütungsvorschriften gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VII, die das Verhalten der Beschäftigten zur Verhütung von Arbeitsunfällen adressieren. Letztlich ist also entscheidend, an wen die Vorschrift, deren Verstoß mit dem Bußgeld geahndet werden soll, gerichtet ist.
Bußgeld der Berufsgenossenschaft: Bemessung und maximale Höhe
Die maximale Höhe des Bußgeldes ist in den entsprechenden Bußgeldvorschriften stets angegeben und wird im Einzelfall von der zuständigen Stelle festgesetzt. Nach § 17 Abs. 4 OWiG basiert die Festsetzung des Bußgeldes im Einzelfall auf dem Grundsatz, dass das Bußgeld die wirtschaftlichen Vorteile übersteigen soll, welche der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen haben könne. Abs. 3 derselben Norm sieht zudem vor, dass die Grundlage für die Höhe des Bußgelds v.a. die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Tatvorwurf sind. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters können auch berücksichtigt werden. Handelt es sich jedoch lediglich um eine geringfügige Ordnungswidrigkeit, bleiben letztere jedoch in der Regel unberücksichtigt.
Bei Verstößen gegen Anordnungen der Aufsichtspersonen sowie gegen Vorschriften, die von den Berufsgenossenschaften durchgesetzt werden (DGUV Vorschrift 1, § 209 SGB VII etc.), beträgt das Bußgeld maximal 10.000 €. Daneben können auch Verstöße gegen Bestimmungen des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG), Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) oder gegen Rechtsverordnungen ein Bußgeld zur Folge haben. Diese Verstöße werden durch die Arbeitsschutzbehörden geahndet und können ein Bußgeld von bis zu 25.000 € bedeuten.
Besonders teuer kann die Verletzung der unternehmerischen Aufsichtspflicht werden. Hier liegt die maximale Bußgeldhöhe, wenn die begangene Pflichtverletzung mit einer Strafe bedroht ist, gem. § 130 Abs. 3 OWiG in Verbindung mit § 30 Abs. 2 OWiG im Falle vorsätzlicher Straftaten bei bis zu 10.000.000 € sowie im Falle von fahrlässigen Straftaten bei bis zu 5.000.000 €. Ist die Pflichtverletzung als Ordnungswidrigkeit einzustufen, gilt der Bußgeldrahmen der begangenen Ordnungswidrigkeit, welcher sich bei Verweis dieser Vorschrift auf § 30 Abs. 2 OWiG jedoch um das Zehnfache erhöht.
Weitere Instrumente der Berufsgenossenschaften
Neben Bußgeldern gibt es auch weitere Instrumente, um gegen Verstöße in diesem sensiblen Bereich vorzugehen:
Regress als Sanktionsmöglichkeit bei Arbeitsunfällen
Neben dem Bußgeld haben die Berufsgenossenschaften mit dem Regress (auch Rückgriff genannt) die Möglichkeit, das Unternehmen in die Haftung zu nehmen. Das ist der Fall, wenn die Unternehmerin oder der Unternehmer einen Arbeitsunfall vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht bzw. die erforderlichen Handlungen zur Verhinderung eines solchen Vorfalls unterlassen hat.
Dann kann die Berufsgenossenschaft vom Unternehmen diejenigen Aufwendungen ersetzt verlangen, welche sie zum Ausgleich der Unfallfolgen erbracht hat. Das ist umso relevanter, da die Kosten für die berufsgenossenschaftlichen Leistungen bei schweren Unfällen oft sehr hoch sind. Ist der Unfall auf vorwerfbares Fehlverhalten zurückzuführen, sollen daher nicht die Mitgliedsunternehmen nach dem Solidarprinzip die Kosten tragen müssen. Stattdessen soll mit dem Regress die Verursacherin oder der Verursacher sanktioniert und die Mitgliedsunternehmen zugleich entlastet werden.
Strafrechtliche Verantwortlichkeit von Unternehmen
Schließlich kann ein schwerer Arbeitsunfall auch strafrechtliche Konsequenzen zur Folge haben. § 229 Strafgesetzbuch (StGB) sieht etwa eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren im Falle einer fahrlässig verursachten Körperverletzung vor. Sollte eine Person in Folge eines Arbeitsunfalls sogar sterben, kommt auch eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung nach § 222 StGB in Betracht. Hier liegt die maximale Freiheitsstrafe bei 5 Jahren.
Unsere Dienstleistungen auf einen Blick
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